Judo ist die Kunst des Kriegers, es umfasst alle japanischen
Kampfkünste. Sie verbinden Ethik, Religion und Philosophie miteinander.
Die Verbindung zwischen Kampfkünsten und Sport ist eine relativ neue
Entwicklung. Antike Schriften beziehen sich vielmehr auf eine bestimmte
Form der Geistesschulung. Wer bin ich? Gemeinsam haben alle Kampfsportarten
eine Geisteshaltung, die dem Zen - Buddhismus entstammt. Ihr Ziel
ist die perfekte Harmonie zwischen Geist und Körper. Daher stammt
auch das "Do" im Namen der meisten Sportarten. Do lässt
sich mit "Weg", aber auch mit dem "Grundsatz"
oder "Prinzip" übersetzen. Weiterhin kommt in Judo die Silbe
Ju zum Ausdruck. Ju bedeutet soviel wie "sanft", nachgebend"
oder "ausweichend". Daher wird Judo auch oft als "Der
sanfte Weg" und das Prinzip des Judo als "Siegen durch Nachgeben"
bezeichnet. Dies hat seinen Grund in den vielen Techniken, die auf
dem Handeln des Gegners basieren. Man versucht also nicht, der Kraft
des Gegners standzuhalten, und ihr wiederum mit Kraft entgegenzuwirken
sondern macht sie sich selbst zu Nutze. Ein stark drückender Gegner
kann beispielsweise mit wenig Kraftaufwand in die Richtung geworfen
werden, in die er drückt. Voraussetzung ist vorheriger auszuweichen,
und damit nachgeben. Kraft gehört also nicht zu den Grundvoraussetungen,
um Judo betreiben zu können.
Die meisten Techniken des Judo basieren auf Jiu - Jitsu, der alten
Kriegskunst der Samurai- Kämpfer. die Kampfkunst der Samurai, entstand
in China, galt jahrelang als eine Art Geheimwissenschaft. Jiu-Jitsu
geriet nach der Meidschi- Restauration (1868), bei der die Samurai
entmachtet wurde, weitgehend in Vergessenheit.
Das Wiederaufleben verdanken wir verwunderlicher Weise einem Deutschen.
Erwin Bälz (1849-1913), geboren im württembergischen Bietigheim, ging
als Mediziner und Anthropologe an die kaiserliche Universität in Tokio,
wo er nach einiger Zeit sogar Leibarzt des Kaisers wurde. Negativ
fiel ihm auf, das der Gesundheitszustand seiner Studenten sehr zu
wünschen übrig ließ. Er ermutigte sie daher, die alten Kampfkünste
zu erlernen.
Einer seiner Studenten , Jigoro Kano (1860-1938), nahm diese Idee
begeistert auf. Er war einer der kleineren und schwächeren Studenten,
weshalb ihm eine Sportart, in der es nicht unbedingt auf Kraft ankommt
sofort ansprach. Japan befand sich zu dieser Zeit in einer sehr revolutionären
Phase, sowohl politisch als auch gesellschaftlich. Da den Samurai
1871 das öffentliche Tragen von Schwertern verboten wurde, gab es
einen starken Rückgang auf dem Gebiet der Kampfsportarten.
Daher war es schwer für Kano einen Lehrmeister zu finden. Schließlich
fand er Teinosuke Yagi, der ihm die Grundlagen des Jiu-Jitsu beibrachte.
Später studierte er bei Hachinosuke Fukuda, dem Großvater von Keiko
Fukuda, die mit dem siebten Dan den höchsten Judograd bekleidet, den
je eine Frau erreichte. Nachdem er noch bei zwei weiteren Meistern
anderen Stilen begegnete, bildete er sich aus allen Stilen seinen
eigenen Weg. Er ließ die meisten auf den Kriegsfall bedachten Techniken
wegfallen, und fügt erzieherische Elemente ein, die auf dem Zen -
Buddhismus basierten.
Damit er seine neue Kampfkunst, unser heutiges Judo, weitergeben konnte,
gründete er 1882 eine eigene Schule in Tokio. Diese Schule, der Kodokan,
wird heute von Kanos Enkel, Yukimitsu Kano geleitet. Als der Kodokan
gegründet wurde, bestand der Dojo, der Trainingsraum, nur aus einer
Mattenfläche mit der Größe von etwa vier mal sechs Metern; im ersten
Jahr hatte Kano nur neun Schüler. Heute beträgt die Größe ein Vielfaches,
und die Anzahl der Schüler beträgt einige Millionen.
Als olympische Sportart wurde Judo 1964 vom internationalen Olympischen
Komitee als olympische Sportart zugelassen, und noch im gleichen Jahr
bei den 18. Olympischen Spielen in Tokio in das olympische Programm
aufgenommen.
Heute gibt es in jedem größeren Sportverein eine Judo- Abteilung,
Judo- Schulen wie in Japan üblich, sind eher selten. Turniere und
Meisterschaften können dank der hohen Mitgliederzahl des SJB auch
schon auf regionaler Ebene stattfinden, und sind gerade in den jugendlichen
Altersklassen sehr häufig. Das Mindestalter für offizielle Kämpfe
ist in den letzen Jahren ständig gesunken.
Die Gürtelränge werden in Schüler- und Meistergrade unterteilt. Jeder
Schüler beginnt mit einem weißen Gürtel. Nach bestandenen Prüfungen
erhält er einen Gürtel dunklerer Farbe. Die sechs Schülergrade reichen
von weiß, gelb, orange, grün und blau bis zum braunen Gurt. Zumindest
in der Schweiz gibt es seit einiger Zeit noch weitere Gürtel, die
die Zwischenstufen (weiß-gelb, gelb - orange, orange- grün) kennzeichnen.
Der Grad eines Meisters ist nicht mehr an der Farbe des Gürtels erkennbar.
Wie in viele anderen Kampfsportarten auch sind sämtliche Gürtel schwarz,
was viel mit der fernöstlichen Philosophie zu tun hat. In Deutschland
gibt es fünf Dangrade, die durch Prüfungen erreicht werden können,
alle Gürtel sind schwarz. Der sechste Dan, der rot- weiße Gürtel,
wird nur für besondere Dienste verliehen.
Judo ist schon für kleinere Kinder ein ideales Training. Denn ihr
Selbstvertrauen steigt ungemein, wenn sie wissen, das sie bei Raufereinen
nicht mehr automatisch den Größeren und Stärkeren unterlegen sind.
Außerdem beherrschen sie die Kunst des Fallens schon nach einigen
Judo- Stunden so gut, das sie auch Stürze außerhalb des Kurses- zum
Beispiel beim Radfahren, Klettern oder Schlittschuhlaufen- viel besser
abfangen können.
Ein weitere Vorteil :Aggressionen lassen sich auf spielerische und
ungefährliche Weise abbauen. Die Verletzungsgefahr ist- anders bei
den Kampfsportarten Karate oder Taekwondo - äußerst gering. Judo kommt
dem Kind auch in der Schule zugute: Es steigert Konzentrationsfähigkeit,
Belastbarkeit und Leistungsbereitschaft. Und das Kind lernt Rücksichtnahme
auf andere.